In den Hausarztpraxen
Im Rahmen des Weiterbildungsverbundes haben sich die beteiligten Hausarztpraxen zu einer strukturierten Weiterbildung verpflichtet. Die nachfolgende Meilensteine sollen eine Hilfe sein, ohne einzuengen; diese Checkliste kann flexibel angepasst werden: an die Besonderheiten der Praxis, die Vorstellungen des Weiterbilders wie auch an die Vorerfahrungen und Interessen der Ärztin/des Arztes in Weiterbildung. So kann die „Landung“ in der Praxis nach den stationären Weiterbildungszeiten sanft und lehrreich verlaufen.
Vieles von dem, was in diesen Meilensteinen vorgeschlagen wird, passiert in einer guten Weiterbildungspraxis bereits spontan. Die Liste sorgt dafür, dass wichtige Dinge dabei nicht vergessen werden. Die von Panik begleitete Einsicht kurz vor Schluss „Ach hätten wir doch…!“ solle damit der Vergangenheit angehören...
1. Tag
- Vorstellung der Ärzte
- Vorstellung der Med. Fachangestellten (MFA)
- Abläufe der Anmeldung besprechen
- Einweisung in die Praxis-EDV (Grundlagen), Datenschutz und Schweigepflicht
- Praxisinterne Routine-Dokumentation vereinbaren
- Eine Sprechstunde beobachten
Damit soll der/die Assistent/in einen Eindruck von Abläufen, Umgang mit dem Patienten, Gesprächsstil und Behandlungsstrategien erhalten. Außerdem wird sie den Patienten vorgestellt mit dem Hinweis, dass sie jetzt zum ärztlichen Team dazugehört und die Betreuung übernehmen kann.
1. Woche
- Mindestens 1 eigene Sprechstunde abhalten
- Mindestens 1 Hausbesuch zusammen mit Weiterbilder durchführen
- Mindestens 1 Fallbesprechung abhalten
- Wichtige Formulare besprechen
- Einführung in Standards zu Hygiene und Arbeitssicherheit
- Rücksprache-Regeln vereinbaren
Natürlich hat der/die Assistent/in jederzeit Zutritt zum Behandlungszimmer des Weiterbilders, wenn aktuelle Probleme anstehen. Außerdem können sie Tatbestände vereinbaren, bei denen grundsätzlich eine Rücksprache erfolgen soll, z.B. Kinder unter 5 Jahren, Krankenhaus-Einweisung steht an, akute abdominelle Beschwerden. Dies hängt natürlich vom Erfahrungsstand der Assistentin und dem Patientenspektrum der Praxis ab.
- Vorgehen für regelmäßige Fallbesprechung vereinbaren
Wichtig ist die Regelmäßigkeit, z.B. eine „geschützte Zeit“ Mittags, ggf. bestimmter Wochentag. Hier stellt der/die Assistent/in ihre schwierigen oder unklaren Fälle vor (soweit nicht schon direkte Rücksprache erfolgt), der Weiterbilder sucht aus eigener Initiative instruktive Fälle zur Besprechung heraus und drittens können hier allgemeine Themen (s.u.) besprochen werden.
- Grundsätze der Verschreibung von Medikamenten besprechen
Wirtschaftlichkeit, Generika, Probleme von Analogpräparaten, Individualliste (d.h. eine definierte Liste von Medikamenten, welche der Weiterbilder bzw. die Praxis regelmäßig verschreibt – idealer Weise im Praxis-PC gespeichert)
- Grundsätze der Verschreibung von Heilmitteln besprechen
Wirtschaftlichkeit, häufige Indikationen und Verschreibungen
- Einweisung in spezifische Diagnostik der Praxis erfolgt
EKG, Spirometrie usw. soweit vorhanden; Indikation, Durchführung und Interpretation von Ergebnissen. Hängt natürlich auch von Vorerfahrungen ab.
- Überweisungs- und Einweisungs-Ziele besprechen
Aufstellung häufiger Überweisungs-Anlässe und geeigneter Facharzt-Praxen der Umgebung (z.B. Oberbauch-Sono, Kardiologie, Gastroenterologie, Neurologie, Psychiatrie, HNO, Dermatologie, Röntgen, Pädiatrie; geeignete Krankenhäuser bzw. –abteilungen der Umgebung). Es empfiehlt sich, eine ständig aktualisierte Liste zu führen.
- Spezielle Ziele vereinbaren
Natürlich soll und will die Assistentin eine kompetente Allgemeinärztin werden; in Abhängigkeit von Vorerfahrungen, Interessen und PraxisSpezifika mögen spezifische Ziele von Bedeutung sein (spez. Fertigkeiten, spez. Probleme oder Patientengruppen usw.)
1. Monat
- Mindestens 1 Hausbesuch alleine bewältigt
- Assistent/in nimmt an allen Teambesprechungen teil
- Vorgehen bei häufigen Problemen besprechen
Beratungsanlässe bzw. Probleme, die so häufig vorkommen, dass sich eine prophylaktische Besprechung lohnt (Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Infekte der Atemwege, Harnwegsinfekt usw.; auch: DMP-Kontakte, Gesundheitsuntersuchung [Einweisung in arriba – siehe www.arriba-hausarzt.de). Siehe auch DEGAM- und Hessische-Leitlinien.
1. Quartal
- 1. Bereitschafts-/Vertretungsdienst absolvieren
- Regelmäßige Lektüre des Lokalteils einer Zeitung sicherstellen („soziale Geographie“ der Praxis)
- Vorsichtsmaßnahmen und Kontrollen bei riskanten Dauermedikamenten besprechen (z.B. Antikoagulation, Zytostatika, Basistherapie bei rheumatischen Erkrankungen)
- Weiterbilder hat Konsultationen der Assistentin beobachtet und Feedback
Das ist in jedem Stadium der Weiterbildung sinnvoll. Die regelmäßige Rückmeldung (das war gut, das kann noch verbessert werden) ist eine zentrale Aufgabe des Weiterbilders.
Fortbildungs-Strategie besprechen:
- Zeitschriften
- Veranstaltungen
- Information über Medikamente
- Nachschlage-Möglichkeiten (Lehrbücher, Internet-Zugang, PER- LEN)
2. Quartal
- Mindestens 1 Besuch eines Patienten im Altenheim
- Mindestens 1 BG-Fall behandeln bzw. überweisen
- Assistentin hat „eigene“ Patienten
Das sind Patienten, welche die Assistentin als vertrauenswürdige Anlaufstelle in der Praxis angenommen haben. Durch Fallbesprechungen und Rücksprachen bleibt die Kontinuität der Betreuung durch den Weiterbilder erhalten.
Besonderheiten der Behandlung alter Menschen besprechen:
- Geriatrisches Assessment durchführen
- Medikamenten-Verschreibung (jährlicher Medikamenten-Review)
Häufige Probleme für Fortgeschrittene (I):
- Unspezifische Symptome (Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen)
- Schlaflosigkeit
- Gewichtsverlust
- Atemnot
- Bauchschmerzen
- Hypertonie (Erst-) Einstellung
- Diabetes Typ II (Erst-) Einstellung
- Asthma/COPD
- Wundversorgung
- Krankenhaus-Entlassung nach Myokardinfarkt bzw. akutem Koronarsyndrom; Lungenödem
- Krankenhaus-Entlassung nach Schlaganfall
- Umgang mit ungerechtfertigten Patientenwünschen (Medikamente, Diagnostik, Heilmittel)
- Pflegende Angehörige
- Psychische Beschwerden und Störungen
- Strukturierung der häuslichen Krankenpflege durch die Träger der ambulanten Pflege
Mit der Zeit arbeiten Sie häufige, komplexe Probleme ab (nach Auftreten oder prophylaktisch. Das erstreckt sich u.U. ins Folgequartal .
- An 1 Notfallübung in der Praxis teilnehmen
- Mindestens 1 Fehler nachbesprechen
Aus Fehlern können nicht nur die Praxisangehörigen lernen, sondern auch andere Kollegen.
- Weiterbildungs-Richtlinie – Strategie besprechen
Bei der Ärztekammer sind entsprechende Listen (apparative Untersuchungen, definierte Fälle) erhältlich. Besprechen Sie das Vorgehen, damit die Anforderungen erfüllt werden. Wenn diagnostische Methoden in der eigenen Praxis nicht vorgehalten werden, sind Hospitation in befreundeten Facharzt-Praxen oder Krankenhäusern eine sinnvolle Mögichkeiten.
- Feedback-Bogen der DEGAM erstmalig ausgefüllt, Ergebnisse besprechen und Konsequenzen planen
Kann unter ‚degam.de/Weiterbildung’ heruntergeladen werden. Es macht Sinn, den Feedback-Bogen jedes halbe bzw. Jahr auszufüllen.
3. Quartal
- Mindestens 1 sozialmedizinische Stellungnahme verfassen
z.B. Versorgungsamt, Antrag Reha, Berentung
- Assistentin hat eigene Patienten auch über „Schnittstellen“ hinweg verfolgt
Also z.B. im Krankenhaus besucht und mit dort behandelnden Ärzten besprochen.
- Erstes Weiterbildungsgespräch
Wird von den Ärztekammern verlangt, soll einen kritischen Rück- und Ausblick ermöglichen – diese Gelegenheit sollten Sie nutzen. Kurze Dokumentation (Anmeldung zur Prüfung!) nicht vergessen. Für jedes Halbjahr sinnvoll.
Probleme für Fortgeschrittene (II)
- Palliativ-Betreuung
- Sucht
- Schwere Depression/Psychose
- Bewältigung von Lebenskrisen
- Diagnoseeröffnung Malignom
- Notfall-Versorgung akutes Koronar-Syndrom, Asthma/COPD
- Leichenschau und Umgang mit Angehörigen
- Multimorbidität und Polymedikation
Dies ist ein Plan für die gesamte Weiterbildungs-Zeit in der Praxis.
- Weiterbilder hat Assistentin zum Qualitätszirkel mitgenommen
- Kontakt zu anderen Ärzten im Ort/ Stadtteil aufgenommen
- Beteiligung am Qualitätsmanagement der Praxis
Letztes Halbjahr
- Assistentin an mindestens 1 Quartalsabrechnung beteiligen (Grundzüge EBM und GOÄ)
- Assistentin an mindestens 1 Problem der Personalführung einbeziehen
- Betriebswirtschaftliche Aspekte der Praxis besprechen
- Letztes Weiterbildungsgespräch
- Häufige Probleme (s.o.): noch bestehende Lücken gezielt angehen
- Prüfungsvorbereitung